
Die „Lobo-marinho“ – ein besonderer Gast vor Madeira
Die Seerobben, die man auf Madeira manchmal zu Gesicht bekommt, gehören zur Art der Mönchsrobben – auf Portugiesisch auch „Lobo-marinho“ genannt, also Meereswolf. Diesen Namen gaben ihnen einst die ersten Entdecker, die Madeira besiedelten. Früher waren Mönchsrobben vor allem an der Südküste der Insel weit verbreitet. Die Bucht von Câmara de Lobos – was so viel heißt wie „Höhle der Wölfe“ – wurde sogar nach einer großen Robbenkolonie benannt, die dort einst lebte.
Mit der Zeit jedoch wurden die Tiere stark bejagt, und ihre Zahl ging dramatisch zurück. Durch ihren langsamen Lebensrhythmus und die hohe Anfälligkeit für Störungen erholt sich die Population nur sehr langsam. Heute zählen Mönchsrobben zu den am stärksten bedrohten Meeressäugern weltweit. Umso besonderer – und schützenswerter – sind Begegnungen mit ihnen.
Erste Begegnung auf dem Stand-up-Paddle
Vor drei Jahren hatte ich meine erste Begegnung mit einer Seerobbe hier auf Madeira. Ich war mit dem Stand-up-Paddle unterwegs, ganz allein auf dem Meer. Das Wasser war ruhig, ich genoss die Stille – und plötzlich hörte ich ein tiefes, ruhiges Ausatmen. Immer wieder tauchte sie auf, holte Luft, verschwand wieder in der Tiefe. Nur ich, das Meer – und ihr Atem. Kein Boot, keine Menschen. Ich war einfach nur da. Es war ein Moment voller Magie, und ich dachte nicht einmal daran, dass das vielleicht gefährlich sein könnte. Ich war nur fasziniert und berührt.

Die alte Seerobbe im Hafen
Vor einiger Zeit kam eine sehr alte Seerobbe immer wieder in den kleinen Hafen. Niemand kannte sie, aber viele sagten, sie sei wahrscheinlich hierhergekommen, um zu sterben. Sie wirkte langsam, schwach – blieb ein paar Tage und verschwand dann. Ein leiser, fast stiller Abschied.
Plötzliche Nähe – und ein Gefühl von Respekt
Und dann – gestern. Ich war schwimmen, wie so oft, und wollte eigentlich noch ein Stück weiter hinaus, in eine bestimmte Richtung. Doch irgendetwas hielt mich zurück. Ich drehte um, kam aus dem Wasser und lief langsam nach Hause. Und dann, ein Stück weiter, sah ich sie: eine Seerobbe, direkt im Wasser vor Paul do Mar. Ganz nah. Und ich dachte nur: Wäre ich ein bisschen länger geschwommen, wären wir uns wohl begegnet.
Es war wieder einer dieser magischen Momente – gleichzeitig wunderschön und ein bisschen unheimlich. Denn auch wenn Seerobben auf Madeira heimisch sind, ist es etwas anderes, ihnen so nah zu sein. Das ganze Video findest du in meinem Instagram Account.
Angriff auf ein Schlauchboot
Vor ein paar Monaten war ich ebenfalls mit dem Stand-up-Paddle unterwegs. Zur gleichen Zeit fuhr ein Mann mit einem kleinen Schlauchboot zum Fischen hinaus. Als ich zurückkam, hörte ich plötzlich Rufe – er brauchte Hilfe. Sein Boot war beschädigt, er trieb hilflos auf dem Wasser. Ich paddelte zu ihm, und er erzählte mir – auf Spanisch –, dass ein Lobo Marinho, eine Seerobbe, sein Boot attackiert und angebissen hatte. Ich wollte ihn abschleppen, aber mit dem SUP war das kaum möglich. Zum Glück kam ein anderes Boot und konnte ihn retten.

Das Meer gehört nicht uns
Diese Begegnungen zeigen mir immer wieder, wie kraftvoll und wild die Natur ist – und wie wichtig es ist, sie mit Respekt zu betreten. Das Meer ist nicht unser Spielplatz. Es ist das Zuhause der Tiere. Wir dürfen da sein, dürfen staunen, schwimmen, erleben – aber sollten nie vergessen, dass wir Gäste sind.